Der Trend geht zur Papierverpackung

08.02.2022 - Ein alltäglicher Gang durch den Supermarkt reicht um festzustellen, dass mehr und mehr Verpackungen teilweise oder vermeintlich völlig aus Papier, Pappe und Karton hergestellt werden. Woher aber rührt dieser Trend? Und wie nachhaltig sind die Papierverpackungen tatsächlich?

Erst im November letzten Jahres hat etwa der Versandriese Amazon bekanntgegeben, dass für seinen Lebensmittellieferdienst Fresh in den USA fortan papierbasierte Isoliertaschen zum Einsatz kommen werden. Kunststoffbarrieren und Luftpolsterfolien finden ihren Weg nicht mehr in die Kundenhaushalte. Auch in Deutschland plant das Unternehmen, bei kleineren Sendungen auf flexible Versandtaschen aus Papier umzustellen.

Damit ist der Versandhändler bei weitem nicht allein. Das in den USA ansässige Verpackungsunternehmen Ranpak hat ebenfalls Thermoschutzverpackungen auf Papierbasis entwickelt und baute diesen Bereich im Dezember 2021 noch aus. Durch die Übernahme der niederländischen Reycold Cool Solutions kann das Unternehmen zusätzlich zur Thermoverpackung pflanzenbasierte Kühlpacks in einer Papierummantelung anbieten.

Die Liste lässt sich fortsetzen: Der deutsche Verpacker Storopack hat eine Alternative für Luftpolsterfolie aus Papier entwickelt, BillerudKorsnäs und Aisa Packaging stellen eine Papiertube für Zahnpasta und Kosmetik aus bis zu 85 Prozent Papier her, Mondi bietet eine dehnbare Papierwickellösung zur Transportsicherung von Paletten an und zwei findige Bajuwaren haben sogar eine Isolierverpackung für der Deutschen liebsten Imbiss entwickelt: Mit dem Kebag bleibt der Döner in recycelbarem, FSC-zertifiziertem Pergamentpapier bis zum Verzehr warm.

Dieser Umschwung kommt nicht von ungefähr. Einerseits müssen die Unternehmen zunehmend auf staatliche Richtlinien eingehen, die eine Reduktion von Kunststoffen erforderlich machen. Besonders deutlich zeigte sich dies am im Juli 2021 in Kraft getretenen EU-weiten Vertriebsverbot für Einwegkunststoffartikel wie beispielsweise Trinkhalme, Besteck oder Luftballonhalter. Andererseits zeigt sich eine gesteigerte Nachfrage, beziehungsweise Vorliebe für papierbasierte Verpackungen bei den Verbrauchern.

So ergab eine im Mai 2021 veröffentlichte Studie des Verbandes Pro Carton, dass nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie der Griff des Kunden immer häufiger zur Papierverpackung führt. 38 Prozent der Befragten gaben an, dass sie sich bedingt durch die Pandemie mehr Sorgen um die Umwelt machen. Ganze 62 Prozent der Befragten in Deutschland wiederum sahen sogar ihre Kaufentscheidungen durch die tatsächliche oder geglaubte Umweltfreundlichkeit der entsprechenden Verpackung beeinflusst. Und dass Papier als Produkt eines nachwachsenden Rohstoffs einen umweltfreundlicheren Eindruck macht als Kunststoffverpackungen ist wahrlich kein Geheimnis. Winfried Mühling, General Manager von Pro Carton, dazu: „Die Umfrage zeigt deutlich, dass Verbraucher nach Möglichkeiten suchen, nachhaltiger zu leben, auch beim Einkaufen.“

Doch das Mehr an papierbasierten Verpackungen führt logischerweise auch zu einer gesteigerten Nachfrage. Rohstoffknappheit, Lieferengpässe, leere Regale – mittlerweile ein gefühlter Dauerzustand, auch auf dem Papiermarkt. Kein Wunder also, dass die Suche nach Alternativen zum Papier aus Holzfasern längst begonnen hat. Neben der Frage der Verfügbarkeit steht dabei auch das Thema der Ökobilanz im Raum.

Der britische Verpackungshersteller DS Smith sucht eine Möglichkeit, Verpackungen aus Algenfasern herzustellen. Neben einer Alternative für „einfaches“ Papier könnten Seegrasfasern sich auch für den Einsatz als Barrierebeschichtung eignen. Außerdem habe es einen geringeren ökologischen Fußabdruck als die konventionellen Materialien, so das Unternehmen.

Auch am oberbayerischen Tegernsee macht man sich Gedanken über Alternativen. Der Papierhersteller Gmund Papier stellte im September 2021 ein aus 100 Prozent Cannabiszellstoff gefertigtes Papier vor. Dabei erbringt ein Hanffeld laut Unternehmen aufgrund des schnelleren Wuchses vier bis fünf Mal so viel Papier wie ein ähnlich großer Wald, sodass effektiv für die gleiche Menge Papier weniger Fläche notwendig ist.

Die Nutzung von papierbasierten Verpackungen auch in bisher ungewohnten Anwendungsbereichen scheint also mehr als nur ein vorübergehender Trend zu sein. Dafür sind die entsprechenden Forschungen und Entwicklungen zu vielzählig, die sowohl von Branchegrößen als auch von Start-Ups vorangetrieben werden. Die Papierverpackung ist gekommen, um zu bleiben.